Wie gut funktioniert eine Mannschaft? Am einfachsten ist eine Analyse vom Sitz im Stadion aus. Durch Beobachten des Spiels.
Aber es gibt auch noch eine andere Möglichkeit, den Zustand einer Mannschaft zu erkennen. Von einer anderen Seite. The far side.
Es sind nicht allein die Spielzüge auf dem Eis, die verraten, wie es um eine Mannschaft steht. Aufschlussreich kann es auch sein, die Spieler am Ende einer Partie auf dem Weg zurück in die Garderobe zu beobachten. Diese Möglichkeit gibt es in der Mixed-Zone im Bauch einer Arena. Dort, wo sich Chronistinnen und Chronisten kurz mit Spielern unterhalten können.
Tiefschürfende Analysen sind nicht möglich und Aussagen, aus denen sich eine Polemik dengeln lässt, auch nicht: Leider sind heute Profisportler durch zu viele Medientrainings gegangen und hüten sich vor kontroversen Aussagen wie der Teufel vor dem geweihten Wasser.
Aber wenn die Emotionen noch nachhallen, wird viel sichtbar. Wenn Spieler ruhig und respektvoll auftreten, sich keiner in den Vordergrund drängt, dann zeigt sich: Hier geht es nicht um Egos, sondern um ein gemeinsames Ziel.
Nach dem 7:0 im Halbfinal gegen Dänemark und dem WM-Final am nächsten Tag ist der Auftritt in der Mixed-Zone erst recht interessant – und aufschlussreich. Keine grossen Töne, keine übertriebene Euphorie. Der Respekt gegenüber dem Gegner, das Vertrauen in die eigenen Stärken zeigen sich bei den Schweizern in Worten und Körpersprache.
Diese guteidgenössische Bodenständigkeit ist eine der Qualitäten dieses WM-Teams. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die Leistung – nicht auf das Rampenlicht – und lässt Raum für das, was wirklich zählt: das Spiel vom nächsten Tag. Den WM-Final. Unsere Mission ist noch nicht zu Ende. Das ist die Botschaft, die jeder ausstrahlt.
Ein paar Aussagen sind interessant. Auf die Frage eines sonst gänzlich der Sachlichkeit huldigenden Agenturchronisten, ob es ein Problem sei, dass die Mannschaft auf dem Weg in den Final zu wenig gefordert worden sei, sagt Nationaltrainer Patrick Fischer:
So habe man mehr Ruhe und genug Energie.
Die Energie-Frage ist eine entscheidende. Die Schweizer haben in den neun Jahren unter Patrick Fischer das «Pausenplatz-Hockey» zum spektakulärsten Stil des internationalen Hockeys entwickelt. Nie zuvor in der Neuzeit hat eine Hockeynation in so kurzer Zeit so grosse Fortschritte gemacht.
Die Schweizer – und nicht mehr die Schweden und Finnen mit ihrem defensiven Realismus – sind im Frühjahr 2025 die internationalen Trendsetter. Noch nie hat unser WM-Team so schnell, präzis, geradlinig und intensiv Hockey von der ersten bis zur letzten Minute zelebriert. Besser also, wenn die Energietanks noch voll sind.
Christoph Bertschy bringt die Spielweise, die gegen Dänemark zum hohen Resultat geführt hat, auf den Punkt:
In der Aufregung kommt manchmal etwas durcheinander. Auf die Frage, ob er auch daran gedacht habe, dass es gegen Dänemark das letzte Spiel seiner Karriere hätte sein können, korrigiert Andres Ambühl schmunzelnd:
Seine Bilanz ist auch bei dieser WM wahrlich beeindruckend: In allen acht Partien eingesetzt, durchschnittlich 10:33 Minuten Eiszeit pro Spiel, 4 Tore und eine Plus-6-Bilanz. Im September wird er 42 Jahre alt.
Und es muss ja nicht immer todernst sein. Christoph Bertschy wird darauf aufmerksam gemacht, dass auf ihn eine noch viel grössere Herausforderung warte als der WM-Final: Endlich mit Gottéron wieder einmal den Final erreichen. Was er mit Sinn für Humor bestätigt.
Oder ist es am Ende gar keine humoristisch gemeinte Bemerkung? Wir können es auch so sagen: Wenn Christoph Bertschy, Sandro Schmid und Captain Andrea Glauser (er wird nächste Saison Verteidigungsminister bei Gottéron) die Schweiz zum WM-Titel führen können, dann wird dieses Trio eher früher als später auch das Undenkbare möglich machen: Eine Meisterfeier in Fribourg.
Was die weitaus grössere Überraschung wäre als der erste WM-Titel für die Schweiz.
Egal wie es ausgeht.
Diese Entwicklung aller Beteiligter ist grandios.
Aber die Büehli Geschichte, als Weltmeister abzutreten, ist der wahre Treiber und macht einfach nochmals einen Unterschied.
Weil die Freude jetzt im Vordergrund steht, gehen alle nach seinem Vorbild.
Die nächsten Ambühls, El Nino, Josi, etc.
Junge fördern und fordern bitte!